Bitte um Einhaltung des Copyrights/Urheberrechts
Alle
hier auf der Homepage/Blog und auf weiter verlinkten Internetseiten
veröffentlichten Texte sind geistiges Eigentum der Autorin und
unterstehen ihrem Copyright/Urheberrecht. Aus diesem Grund ist eine
kommerzielle Veröffentlichung ohne eine Genehmigung und Anfrage direkt
bei der Autorin nicht erlaubt.
********************************
Der empfindsame Weihnachtsbaum
Dass dieser Baum kein gewöhnlicher Baum, war, das wussten Sven und Julia gleich als sie ihn sahen. Seit einigen Wochen stand er schon dort an seinem Platz, an einer belebten Straße neben dem alten Bahnhofsgebäude. Hier wurden jedes Jahr zu Weihnachten – unter freiem Himmel – Tannenbäume zum Verkauf angeboten. Auch grüne Äste und anderen Weihnachtsschmuck konnte man dort erwerben.
Je näher das Fest rückte, umso häufiger blieben vorbeifahrende Autofahrer stehen und sahen sich nach einem passenden Baum – oder nach weihnachtlicher Dekoration um.
Auch Sven und Julia hatten drei Tage vor dem Heiligen Abend kurz entschlossen an diesem Verkaufsstand mit ihrem Auto angehalten, um sich die zum Verkauf angebotenen Weihnachtsbäume einmal aus der Nähe anzusehen.
Lächelnd kam der Verkäufer auf sie zu und fragte sie nach ihren Wünschen. Bevor Sven antwortete, steuerte er auf einen Baum zu, der ihm schon von weitem aufgefallen war. Während Julia und der Verkäufer sich beeilten mit ihm Schritt zu halten, ergriff Julia das Wort: „Wir suchen einen besonders schönen, großen Weihnachtsbaum!“
Sven hatte sich inzwischen einen Weg zu einem – etwas abseits stehenden – Baum gebahnt und musterte ihn von allen Seiten.
„Dieser hier … “, sagte der Mann und zeigte auf das von Sven ins Visier genommene Exemplar, „dieser hier … ,“ wiederholte er, „hat allerdings einen Fehler, so eine Art Makel, wenn Sie verstehen, was ich meine?“
„Ja?“ fragte Sven etwas verwundert zurück und blickte den Baum noch etwas genauer an. „Er ist doch schön. Gut, an einigen Stellen sind die Äste nicht gleichmäßig gewachsen und er hat ein paar kahle Stellen, aber er ist groß und stattlich, findest du nicht?“ wandte er sich an Julia.
„Auf jeden Fall ist er kein perfekter Baum!“ stellte Julia fest.
„Das wollte ich ja damit sagen! Er steht von allen Bäumen, die ich zum Verkauf anbiete, am längsten hier. Bis jetzt wollte ihn einfach niemand haben. Die Leute interessieren sich nicht für ihn. Tja, wie Sie sehen, sind die schönsten schon verkauft!“ sagte der Mann beinahe entschuldigend.
„Die Leute wollen nur einwandfreie Sachen, so ist das nun mal!“ bekräftigte der Verkäufer noch einmal seinen Standtpunkt.
„Wenn ihr mich fragt,“ warf Sven ins Gespräch ein „ich habe mich richtig in diesen Baum verliebt – vielleicht, gerade weil er nicht perfekt ist. Ich mag ihn, denn er ist so natürlich gewachsen. Außerdem hat dieser Baum noch seine Wurzeln und kann über die Feiertage mit Wasser versorgt werden. Für mich lebt so ein Baum noch!“
Liebevoll strich Sven über die grünen Tannennadeln. Der Verkäufer schaute ihn aus den Augenwinkeln an und krauste seine Stirn.
„Wie gesagt,“ wiederholte er seine Aussage, „wir haben leider nicht mehr so viele zur Auswahl!“
„Was meinst du, nehmen wir ihn?“ fragte Sven seine Freundin.
„Ja, natürlich! Solange du nur in einen Baum und nicht in eine andere Frau verliebt bist, bin ich damit einverstanden.“ lachte Julia und schmiegte sich fest an ihren Freund.
Die Augen des Verkäufers blitzten, während er mit fachmännischem Griff und Schutzhandschuhen den Baum packte und eine Maschine ihm ein grobmaschiges Netz über seine Zweige stülpte. Der Baum sah jetzt bemitleidenswert aus, wie er so mit eingedrückten Ästen dastand.
„Was in ihm wohl vorgehen mag?“ musste Julia plötzlich denken. Sie glaubte ein leises Wimmern des Tannenbaumes zu hören.
„Hast du das auch gehört?“ „Was meinst du?“ fragte Sven zurück. „Ach, ist schon gut, hab` mir, glaub` ich, nur was eingebildet!“
„Lass uns fahren, damit wir noch Zeit genug für unsere übrigen Weihnachtseinkäufe haben. Schließlich ist es bis zum Heiligen Abend nicht mehr lange hin. Wie immer, sind wir auf den letzten Drücker mit unseren Vorbereitungen.“ meinte Julia.
„Na und? Das Drumherum ist doch nicht so wesentlich. Hauptsache, wir kommen in den Weihnachtstagen etwas zur Ruhe. Ich wünsch mir das jedenfalls, nach diesem Stress in den letzten Wochen.“
Sven atmete tief durch.
„Du hast Recht. Wir sind sowieso kein Bilderbuchliebespaar, das rechtzeitig mit ihren Weihnachtsbesorgungen auf der Matte steht. Wär` doch auch ätzend langweilig, so perfekt zu sein, hm?“
Julia sagte es mit einem verschmitzten Lächeln und sah Sven liebevoll an. „So wie unser Weihnachtsbaum, der passt zu uns!“ ergänzte Sven noch.
Zu Hause stellten sie den Baum an seinen, für ihn vorgesehenen, Platz auf. Zu ihrer Freude reichte er bis zur Zimmerdecke. Sie standen beide ehrfurchtsvoll vor diesem seltenen Exemplar, das der Verkäufer noch vor gut einer Stunde, für ein nicht vollkommenes Geschöpf gehalten hatte.
Sven und Julia waren gerade damit beschäftigt den Baum zu schmücken, als Julia plötzlich eine ungewöhnliche Stimme im Raum vernahm.
„Au, die Kerzenhalter zwicken mich!“
„Was hast du gesagt?“ wandte sich Julia an Sven.
„Ich habe nichts gesagt!“ erwiderte er. Noch einmal hörte sie die Worte: „Au, die Kerzenhalter zwicken mich!“
“Bin ich jetzt irre, dass ich schon Stimmen höre, oder hat da wirklich jemand was gesagt?“
„Du bist wohl nur überanstrengt und musst dich in nächster Zeit etwas schonen!“
Mit diesen Worten ihres Freundes gab sich Julia zufrieden und fuhr mit dem Schmücken des Baumes weiter fort.
Sven reichte seiner Freundin die durchsichtigen Glaskugeln die – wie jedes Jahr – zum Weihnachtsschmuck dazu gehörten.
„So, nun die Goldlamettaketten. Mit denen können wir die kahlen Stellen des Baumes verdecken.“ sagte Sven leise vor sich hin.
Plötzlich war ein Schluchzen zu hören, das Julia in dieser Intensität noch nie gehört hatte.
Sie sah Sven an, der nun auch hellhörig geworden war. Sie trauten beide ihren Ohren nicht, als sie aus der Mitte des Baumes wieder diese Stimme sagen hörten: „Kahle Stellen habe ich nicht. Ich bin nur etwas ungleichmäßig gewachsen.“
„Nun glaub ich`s doch wirklich!“
„Was glaubst du?“
„Na, dass unser Baum reden kann! Er ist eben kein gewöhnlicher Baum, wie du weißt!“ sagte Julia mit Nachdruck.
Wieder hörten sie diese Stimme: „Warum wollt ihr mich mit diesem komischen Zeug behängen und schöner machen? Ich verstehe das nicht. Lasst mich doch so sein, wie ich bin. So habt ihr mich doch auch kennen und lieben gelernt. Die Menschen sind doch eigenartige Wesen, sie glauben immer etwas verschönern und verändern zu müssen und akzeptieren sich selbst nicht einmal so wie sie sind. Dabei geht ihre ganze Natürlichkeit verloren!“
Der Baum schüttelte sich bei diesen Worten.
„Riecht doch einmal meinen kraftvollen Tannennadeln. Sie bringen frischen Duft in eure Wohnung und erinnern euch an vergangene Zeiten, als ihr noch mehr mit der Natur verbunden gewesen seid. Außerdem habe ich Durst. Es ist kein Wasser in meiner Erde!“
„Du,“ stupste Sven seine Freundin an. „Es ist wirklich der Baum, der redet. Er braucht dringend Wasser!“
Schnell rannte Julia mit der großen Gießkanne zum Wasserhahn und ließ sie bis oben hin voll laufen. Sven meinte ein Aufatmen des Baumes wahrzunehmen, als er die Flüssigkeit an seiner Wurzel spürte.
Nun hörten sie wieder die ungewöhnlich hölzerne Stimme: „Diese Kugeln sind zu schwer für meine Äste – seht doch nur, wie sie herunter hängen. Und wenn ihr die Kerzen auf meinen Ästen entzündet, habe ich Angst, dass ich Feuer fangen könnte!“ entrüstete sich der Baum weiter.
„Warum nur müssen die Menschen alles mit künstlichen Materialien schmücken? Und wie sie sich selbst bei jeder Gelegenheit rausputzen? Ständig begutachten sie ihre Unvollkommenheiten und versuchen sie zu vertuschen – verstehe es wer da will!“
„Du glaubst, dass die Menschen sich zu sehr um ihr Äußeres sorgen und das Wesentliche vergessen?“ versuchte Sven den Weihnachtsbaum zu verstehen.
„Ja, sie haben oft so seltsame Kleidung an, die sie Mode nennen. Etwas Schlichtes reicht ihnen nicht. Sie müssen immer mithalten, nur um nicht unmodern zu wirken und geben Unsummen Geld dafür aus. Ich, für meinen Geschmack, brauche ich kein kitschiges Gewand. Ich fühle mich ohne diesen Schnick- Schnack viel wohler!“
„Du meinst in deinem schlichten Kleid?“
„Ja, natürlich! Außerdem habe ich ja noch meine Nadeln, die mich vor Kälte und Hitze schützen!“
Wortlos schauten Julia und Sven sich an und ihnen war klar, was in diesem Moment zu tun war. Sie nahmen Karton für Karton aus der Kücheneckbank heraus und gingen erhobenen Hauptes zurück zum Weihnachtsbaum, der mit herunter hängenden Ästen, ohne Zweifel, einen kläglichen Eindruck machte. Eine Kugel nach der anderen wanderte wieder zurück in die Aufbewahrungsschachteln.
Bei dem Entfernen der Kerzenhalter taten sich Sven und Julia schon schwerer. Sie waren fest um den Ast geklemmt. Kein Wunder, dass diese dem Baum weh taten. Auch die goldenen Lamettaketten, die zwar leicht auf den Ästen lagen, nahmen sie ihm ab.
Als endlich der letzte Weihnachtsaufhänger und die Strohsterne im Karton verstaut waren, setzten sich beide auf den Fußboden vor den Tannenbaum und wurden sehr still.
Das erste Mal in ihrem Leben erkannten Sven und Julia die Schönheit eines Baumes ohne Weihnachtsschmuck. Nun sahen sie nicht auf den Schmuck, sondern auf ihn. Auf einmal färbten sich seine Tannennadeln rot – als er so verlegen dastand. Doch schnell wechselte er seine Farbe und erstrahlte in einem noch nie zuvor da gewesenen Festtagsglanz – ganz ohne Weihnachtsschmuck. Die Stunden bis zur Bescherung vergingen wie im Flug.
„Jetzt wollen wir aber gemütlich den Heiligen Abend feiern. Schließlich haben wir ein paar spannungsfreie Tage verdient.“
Sven sagte das mit einem energischen Unterton in der Stimme. Julia zog sich ins Schlafzimmer zurück, um ihre Geschenke für Sven zu holen. Auch Sven schlich in den Keller – zu seinem Hobbyraum, in dem er seine Überraschungen für Julia sorgsam versteckt hatte.
Julia las vor der Bescherung die Weihnachtsgeschichte und Sven gab auf der Gitarre die Lieder, „Stille Nacht, heilige Nacht“ und „Maria durch ein Dornwald ging“ zum Besten.
Sie machten eine kurze Pause, um sich mit Punsch und Plätzchen einzudecken. Eine dicke Kerze auf dem Tisch wurde angezündet und beide setzten sich auf das gemütliche Sofa.
Dann stand Sven mit feierlicher Mine auf und überreichte Julia ein rechteckiges Päcken mit einer weißen Schleife. Julia machte sich gleich daran, es zu öffnen. Als sie ein Buch mit dem Namen einer von ihr gern gelesenen Autorin darin sah, stand sie gerührt da – sah Sven dankbar an und schlang spontan ihre Arme um seinen Hals. Er gab ihr einen zärtlichen Kuss.
Julia bückte sich, um ihr Päckchen für Sven, das sie vor den Baum gelegt hatte, aufzunehmen und es ihm in die Hand zu drücken. Dankbar nahm er es entgegen, schob die Schleife beiseite und sah eine Armbanduhr in dem kunstvoll geformten Päckchen liegen.
„Das ist eine echte Überraschung! Ich danke dir! Die hab ich mir doch schon lange gewünscht!“ rief Sven freudig aus und legte die Uhr gleich um sein Handgelenk. Ein liebevoller Blick streifte Julias Gesicht.
„Und jetzt singen wir unserem außergewöhnlichsten Weihnachtsbaum, den wir je hatten, ein Ständchen.“ waren sich Julia und Sven einig. Aus vollen Herzen sangen sie:
„Oh, Tannenbaum, oh Tannenbaum,
wie grün sind deine Blätter.
Du grünst nicht nur zur Sommerzeit,
nein auch im Winter, wenn es schneit.
Oh, Tannenbaum, oh, Tannenbaum,
wie grün sind deine Blätter…“
„Schaut einmal aus dem Fenster...“ rief der Tannenbaum verzückt. „Es schneit, es schneit! Welch eine herrliche Pracht!“
„Oh Tannenbaum, oh Tannenbaum,
dein Kleid will mich was lehren.
Die Hoffnung und Beständigkeit,
gibt Trost und Kraft zu jeder Zeit.
Oh Tannenbaum, oh Tannenbaum,
dein Kleid will mich was lehren.“
Voller Hingabe sangen sie nach der zweiten auch noch die dritte Strophe.„Jetzt verstehe ich endlich mal den schwierigen Text in dem Lied und das, was mit dem Kleid gemeint ist!“ rief Julia Sven fröhlich zu.
Der Baum konnte nur mit Mühe und Not seine Tränen unterdrücken. Sven warf noch einmal einen Blick nach draußen. Eine dicke Schneeschicht hatte sich inzwischen auf die umliegende Landschaft gelegt.
„Nun brauchen wir das Lied „Schneeflöckchen, Weißröckchen, wann kommst du geschneit … ? nicht mehr singen.“ stellte Julia fest.
„Ja, es ist überall weiße Weihnachten. Wir brauchen die Flöckchen und Röckchen nicht mehr rufen!“ bestätigte Sven seine Freundin und legte seine Gitarre beiseite.
Erschöpft, aber glücklich lagen sich Julia und Sven an diesem Weihnachtsabend in den Armen. Sie warfen noch einen Blick zu ihrem Baum, bevor sie eine angenehme Bettschwere überfiel und sie sich für den Tag verabschiedeten.
„Also, ich werde` jetzt auch ein wenig ruhen. Bis Morgen dann!“ Der Weihnachtsbaum knarrte mit seinen Ästen, atmete noch einmal tief durch, um nach wenigen Minuten in einen seligen Schlaf zu verfallen.
Am nächsten Morgen sahen Sven und Julia zu ihrem Erstaunen kleine, zartgrüne Triebe an den Ästen des Baumes heraussprießen.
© Gudrun Kropp, aus: "Der empfindsame Weihnachtsbaum - Ungewöhnliche Geschichten, Gedichte & Gedanken zur Advents- und Weihnachtszeit
********************************
6 Fragen an Gudrun Kropp - Interwiev - erschienen 2007
„Lass dich fallen ... ins Leben“ heißt das neue Buch der Schongauer Autorin und fünffachen Mutter Gudrun Kropp – Carmen Verlag, 9. 60 € - 118 Seiten , Aphorismen. SinnSprüche & Gedichte
Wachen Sie in der Früh eigentlich schon mit einem Sinnspruch auf?
Ja, manchmal ist schon eine Idee da, und dann schreib ich sie schnell auf. Das kann auch mitten in der Nacht sein oder unter der Dusche. Dann denk` ich mir: Hoffentlich kannst du dir das jetzt merken, bis du einen Zettel zur Hand hast. Ich bin ein richtiger Zettelmensch.
Kam Ihnen heute schon so ein Spruch?
Heute nicht, aber vor zwei Tagen beim Joggen: „Bei all unseren vielen Aktivitäten, ist es doch immer der Augenblick, der zählt.“
„Alles Leben ist Wagnis“, heißt es in einem Ihrer Aphorismen. Was war Ihr größtes Wagnis bisher?
Zunächst natürlich meine Ehe und die Entscheidung, mehrere Kinder haben zu wollen. Aber auch die Entscheidung, meinen ganz individuellen Weg zu gehen und selbstständiges Denken zu entwickeln.
Inwiefern ist das ein Wagnis?
Die Gesellschaft macht es uns ja nicht einfach. Der angepasste Mensch wird doch viel eher akzeptiert.
Ihr neues Buch erschien im Eigenverlag. Eine Notlösung oder eine bewusste Entscheidung?
Der eigene Verlag war vor ein paar Jahren eine bewusste Entscheidung. So habe ich viele Leser gewonnen, die ein sehr direktes Feedback geben. Bei großen Verlagen muss man im Grunde schon bekannt sein, die gehen selten ein Risiko mit unbekannten Autoren ein – obwohl ich nicht mehr ganz unbekannt bin, allein schon durchs Internet und Lesungen. Ich bin aber auch mit anderen Verlagen im Gespräch, z. B. für ein Schulprojekt zum Thema „Gewalt“. Man kann nicht alles im eigenen Verlag machen.
Ratgeber, Lyrik, Geschenkbuch – wo würden Sie Ihr Buch selbst einordnen?
Es ist ein Geschenkbuch, und es ist Lyrik. Mit Ratschlägen tu` ich mich etwas schwer. Ich würde es „Lebenslyrik“ nennen: Lyrik, mit der man im Alltag was anfangen kann.
Interview: Magnus Reitinger, Weilheimer Tageblatt
Erschienen am 11. Mai 2007
**********************************
Herr und Frau Pfaff unterwegs im Pfaffenwinkel
Die Auerbergland – Gemeinde Altenstadt mit Schwabniederhofen
Von Gudrun Kropp
Noch beeindruckt von dem schönen Mühlendorf Schwabsoien mit all seinen Sehenswürdigkeiten, machten sich Anna und Robert Pfaff am frühen Morgen auf den Weg nach Altenstadt. Anna war mit ihrem Rad ein gutes Stück vorausgefahren, als sie plötzlich am Ortsende in Richtung Altenstadt wegen einer Kuhherde, die die Straße überquerte, halten musste. „Schau mal, die haben die Ruhe weg!“ rief Anna ihrem Mann lachend zu.
Der Weg zog sich etwas in die Länge und auf halber Strecke beobachtete Robert wie aus einem Flugzeug ein Fallschirmspringer nach dem anderen heraussprang. „Klar, hier muss die Kaserne angrenzen!“ „Das hab` ich ja noch nie gesehen!“ sagte Anna.
Endlich waren sie am Kreisverkehr angelangt, der ihnen den Weg in die Ortsmitte von Altenstadt wies. Vorbei an einer Pizzeria und einem Geschäft mit dem Namen: „Wohlfühl Reich“ hielten sie kurz an einer kleinen Kapelle, direkt am Straßenrand, an. Die Tür der Kapelle stand offen, sodass Anna und Robert einen Blick hinein werfen konnten. Auf einer der Holzbänke nahmen sie kurz Platz und bestaunten den wunderschönen Altar, der mit einem Gitter abgesichert war. In andächtiger Haltung saßen sie so eine ganze Weile.
Als sie weiterfuhren, sahen sie ein Hinweisschild zu einem Freibad. „Hier können wir doch später Zwischenstation machen und ein paar Runden schwimmen!?“ wandte Robert sich an seine Frau, während er sie kurzzeitig mit seinem Rad überholte. „Das ist `ne gute Idee!“ antwortete Anna und fügte schmunzelnd hinzu: „Hast du deine Schwimmflügel dabei?“
Eines gefiel Robert an seiner Anna besonders, auch noch nach zwölfjähriger Ehe mit ihr: Ihr unnachahmlicher Humor. Wie oft hatte sie ihn schon in traurigen Stunden aufgeheitert. Aus seinen Gedanken gerissen, hörte er Anna auch schon fröhlich ausrufen: „Hier machen wir Frühstück Robert! Ich muss unbedingt was essen, sonst fall ich noch vom Rad!“
Sie standen vor einem Cafe´ Bistro Aura. Gut leserlich stand es an der Hauswand. „Ach schau, hier ist auch gleich das Rathaus!“ Robert ging kurz über die Straße und öffnete die Rathaustür. Mit einer Ortskarte und einigen anderen Infoblättern über die Umgebung, kam er wieder heraus. Auf einem der Flyer waren die Kirchen und Kapellen von Altenstadt und Schwabniederhofen abgebildet und es standen Infos über den Rundwanderweg darin, auf dem man von Altenstadt nach Schwabniederhofen wandern kann.
„Das können wir uns ja mal in Ruhe im Cafe´ anschauen!“ meinte Robert. Sie hatten sich gerade auf der gemütlichen Cafe´-Terrasse niedergelassen, als eine junge Frau mit einem freundlichen Lächeln auf sie zu kam und sie nach ihren Wünschen fragte: „Wir möchten gerne frühstücken!“ sagte Robert. „Dann kann ich Ihnen unseren außergewöhnlichen Samstag-Frühstücksbrunch empfehlen mit viel Vollwert-Kost und frischem Obst!“. „Das nehmen wir!“ sagten Anna und Robert beinahe wie aus einem Mund.
„Sie sind aber nicht von hier!“ erkannte die Frau im Cafe die beiden gleich an ihrem Frankfurter Dialekt. „Nein, wir machen hier im Pfaffenwinkel einige Wochen Urlaub!“
„Gehört Ihnen das Cafe?“ fragte Robert neugierig. „Ja!“ antwortete die Cafeinhaberin und stellte sich kurz vor: „Ich bin Ute Schmid!“ Durch das Terrassentor sahen sie mit eiligen Schritten einen Mann aus dem Rathausgebäude kommen und schnurstracks auf die Cafeterrasse zulaufen.
„Na, so schnell des Weges?“ sprach Robert den Mann an. „Ja, leider, auf mich wartet um 10.00 Uhr ein Termin in Schwabniederhofen! Aber für einen Kaffee muss Zeit sein!“ sagte der Mann schmunzelnd. Die Cafeinhaberin begrüßte ihn mit den Worten: „Auch mal wieder hier, Herr Hadersbeck?“ „Hadersbeck?“ nuschelte Robert in sich rein. „Den Namen hab ich doch schon irgendwo gelesen? Ja, klar, im Lechkurier, dem Anzeigen- und Redaktionsblatt für den Altlandkreis Schongau. Es stand etwas über die Dorferneuerung in Schwabniederhofen drin!“ sagte Robert im Blick auf Anna. „Er ist Bürgermeister der Gemeinde Altenstadt mit Schwabniederhofen. „Also, wenn du mich fragst, er hat beinahe eine charismatische Ausstrahlung. So menschlich offen!“ schwärmte Anna.
„Ist ja schon gut! Muss ich eifersüchtig werden?“ frotzelte Robert mit seiner Frau herum. Annas Blick wanderte zum Bürgermeister, der sie offen anlächelte. Spontan ging sie auf ihn zu. „Es ist schön hier in Altenstadt!“ sagte Anna. „Wir möchten gleich noch die bekannte Basilika St. Michael besuchen!“
„Ja, sie ist wahrlich ein Juwel und von hoher kunsthistorischer und sogar als Denkmal von nationaler Bedeutung eingestuft!“ antwortete der Bürgermeister.
„Mit der im Jahre 1812 in ein Wohnhaus umgewandelten ehemaligen St. Lorenzkirche am Nordende des Ortes, besitzt Altenstadt ein weiteres bedeutendes Baudenkmal und ein Zeugnis seiner langen und herausragenden Geschichte. Aber auch unsere gotische Kirche Hl. Kreuz in Schwabniederhofen, ist seit der Renovierung ein Kleinod und einen Besuch wert! Der Kirchenrestaurator Paul Ressl hat die Renovierung der Marien-Kapelle und der Ignatius-Kapelle durchgeführt und im Jahr 2009 beendet.
Die auf einer Anhöhe gelegenen Hubertus-Kapelle in Schwabniederhofen ist im Jahr 2000 erbaut worden.“ erklärte der Bürgermeister lächelnd den Urlaubern.
„Ich interessiere mich sehr für historische Gebäude!“ unterstrich Anna. „Dann würde ich Ihnen den Kirchen- und Kapellenrundgang von Altenstadt nach Schwabniederhofen empfehlen!“ antwortete das Ortsoberhaupt.
„Ach ja, der neue VIA CLAUDIA PLATZ in Altenstadt, der am 03. August 2008 offiziell eröffnet wurde, ist ebenso eine Besichtigung wert wie das Strumpfmuseum neben der Firma Vatter, die Fabrikverkauf anbietet. Hier wird die Geschichte der Strumpfherstellung sehr anschaulich erklärt. Viele Unikate wie zum Beispiel Handstrickstrümpfe aus dem Jahre 1850 oder der 1. Perlonstrumpf der Welt können bewundert werden.
Und noch was: Unser Schwabniederhofener Kulturzentrum, kurz „Kulze“ genannt. Hier werden das ganze Jahr über interessante, weit über den Pfaffenwinkel hinaus, tolle Aufführungen geboten wie zum Beispiel von den Studenten des Studiengangs Schauspiel der Bayr. Theaterakademie jedes Jahr mit einem neuen Stück. Dieses Mal traten sie mit dem Märchen für Kinder und Erwachsene auf: „Juxus wollte doch nur helfen“. Es war klasse, ich hab`s gesehn!“ sagte der Bürgermeister nicht ohne Stolz. „Aber auch Musikaufführungen der Extraklasse gibt es. Einfach mal ins Jahresprogramm schauen!“
„Oh, ich muss weiter! Es war sehr schön, Sie kennen gelernt zu haben!“ verabschiedete sich der Bürgermeister mit Blick auf die Uhr, sehr abrupt.
„Hast du gesehen wie charmant er mich angelächelt hat?“ drehte sich Anna zu Robert um. „Wir zahlen dann!“ rief Robert der Cafeinhaberin zu. Hinter sich die Tür schließend sagte Anna zu ihrem Mann: „Ich hätte schon Lust den Wanderweg nach Schwabniederhofen zu gehen, aber ich brauch unbedingt bequeme Schuhe. Wir sind doch an einem Geschäft mit dem Namen: Wohlfühl Reich vorbeigekommen, weißt du noch? Ich meine, ich hätte etwas von Schuhen gelesen!“ gab Anna Robert zu verstehen.
Im Geschäft angekommen, wird Anna sehr freundlich von dem Geschäftsinhaber Peter Ziob beraten. Und er bietet ihr auch gleich noch eine Fußpflege und eine Massage an.
„Das sollte ich mir mal gönnen, was meinst du?“ „Ja, weil du es mir wert bist!“ gab Robert zurück. „Ich sehe auch Badeartikel hier!“ rief Robert Anna zu, die sich schon auf einem bequemen Stuhl niedergelassen hatte, um ein paar Schuhe anzuprobieren.
„Ich leiste mir dafür mal eine neue Badehose! Wir wollten doch noch ins Freibad in Altenstadt!“ sagte Robert mehr zu sich selbst als zu Anna. „Dann gehen wir eben morgen den Rundwanderweg nach Schwabniederhofen!“ antwortete Anna.
„Sie werden sicher nicht enttäuscht sein von dem Wanderweg, denn wenn Sie die längere Strecke gehen, kommen Sie zum wohl schönsten Punkt des Wanderweges, zu der Hubertus-Kapelle. Von dort aus haben Sie einen wunderbaren Blick über die gesamte Alpenkette. Blumenwiesen säumen die Kapelle und Bänke laden zur wohlverdienten Rast ein. Im Gasthaus Janser, gleich neben der Kirche, können Sie übrigens gut einkehren, bevor Sie wieder zurück auf den Spuren der Römer über die VIA CLAUDIA nach Altenstadt wandern!“ erklärte der Geschäftsinhaber.
„Aber vorher müssen wir unbedingt noch zum Max Sedlmeier ein Bierchen trinken!“ wirft Robert ein. „ Der hat doch erst vor kurzem seine Maxbrauerei Biermanufaktur im Ortskern Altenstadt im historischen Musslhof in der Lorenzstraße 14 eröffnet! Das hat mir ein Freund erzählt, der kennt den Max. Das ist ein ganz sympathischer junger Mann!“
„Klar, wenn wir schon hier in Bayern sind, dann richtig! Stimmt`s? Ausruhen können wir uns dann wieder, wenn wir zu Hause sind!“ bekräftigte Anna.
www.altenstadt-oberbayern.de
Erschienen in "FreiZeitSchrift" für den Pfaffenwinkel und dem Fünfseenland
**********************************
„Tanzen ist Sein im Hier und Jetzt!“
von Gudrun Kropp
Schongau – „Tanzen ist auch wie das weite Meer – immer in Bewegung. Es ist wild, kraftvoll und grenzenlos in seiner Freiheit!“ Oder: „Tanzen holt mich ab, nimmt mich mit!“ So beschreibt Damaris ihr Gefühl, das sie beim Tanzen überfällt.
Ulli ist Ballett-Lehrerin, sie sieht ihre Gefühle beim Tanzen in folgenden Worten wiedergegeben: „Tanzen ist Träumen mit den Beinen!“
Fasziniert von der Perfektion der Darbietung der einstudierten Schritte und Bewegungen, erlebe ich hier in der Balletschule Schongau eine Jazztanzgruppe von 13 Frauen ... live!
Mir fällt die unglaubliche Power, die Hingabe und Begeisterung dieser Frauen auf, die sich einmal in der Woche, am Mittwoch um 19.30 Uhr hier im Studio treffen.
Gerade versucht Silvia ihre Gedanken, die sie beim Tanzen bewegen, in Worte zu fassen: "Ich kann einfach vom Alltag abschalten. Bin dann ganz hier!"
Herbert Groß der die Tanzgruppe auf die Ballettaufführung mit HipHop, Step-Dance und Jazzeinlagen am 07. und 08. Nov. 2009 im MODEON, Marktoberdorf vorbereitet, hat als „Vortänzer“ natürlich keinen unerheblichen Anteil daran, dass die Frauen mit soviel Spaß und Motivation dabei sind. Es ist inzwischen das 3. Mal, dass sie öffentlich auftreten.
Nach der Trainingsstunde sitzt man noch in lockerer Atmosphäre zusammen und erzählt sich dies und das. Auf die Frage hin, wie es ihm in der Frauentanzgruppe geht, sagt er lachend und leicht verschmitzt: „Die Gruppe ist echt gut! Eine super Leistung, die sie zeigen. Ich habe einen Heidenrespekt vor den Frauen und ihrer sagenhaften Entwicklung! Ich tanze seit 30 Jahren!“
Auch er gibt in einer fast poetischen Aussage seine Einstellung zum Tanzen wieder: "Tanzen und Liebe kennt kein Alter!"
Die Unterhaltung geht an diesem Abend noch lebhaft weiter. Jemand ruft mir plötzlich zu: „Tanzen verbindet jedes Alter, weil der Spaß und die Freude an der Bewegung überwiegt! Und es tanzen bei uns alle Altersgruppen zusammen!“
Ich erfahre auch, dass sogar zurzeit drei Generationen des weiblichen Geschlechts gleichzeitig in einer Tanzstunde hier im Studio zusammen tanzen. Das Enkelkind, Mutter und Großmutter.
„Ist schon etwas Nervosität vor dem großen Auftritt im Spiel? frage ich in die Runde.
„Bis jetzt noch nicht!“ ist die Antwort.
Die derzeitige Frauenjazztanzgruppe ist nicht statisch, sie verändert sich durch neue Teilnehmer. Es kann jederzeit jemand dazu kommen oder einfach mal in eine Übungsstunde reinschnuppern.
„Hier ist jeder, der Spaß am Tanzen hat, willkommen! Wir unterrichten Klassisches Ballett, Jazz-Dance, HipHop und Step-Dance“ sagen Gitti Frommhold-Horber, Ballettpädagogin (R.A.D.T.C.) / Gymnastiklehrerin und Ulrike von Grawert-May, Ballettpädagogin. Sie leiten gemeinsam die Ballettschule.
Der Ballettabend wird wieder einen klassischen Teil haben „Die Perlenkette“: Drei Schwestern, die fiese Liese, die miese Liese und die liebe Liese streiten sich um eine verschwundene Perlenkette. Die Suche danach zieht Szenen aus verschiedenen bekannten Märchen nach sich. Der 2. Teil besteht aus Tanz (HipHop, Jazz- und Steptanz). Der Zuschauer erlebt wie „ohne Worte“ Gefühle ausgedrückt werden können.
250 Tänzerinnen und Tänzer aller Tanzgruppen bieten ein unterhaltsames Programm mit vielen Facetten.
Erschienen 2009 in der "FreiZeitSchrift" für den Pfaffenwinkel und dem Fünf-Seen-Land
********************************
Eine wöchentliche Kolumne im Lechkurier
Am Rande bemerkt …
Die andere Seite des Winters …
Melde gehorsamst, meine Winterreifen aufs Auto montiert zu haben! Besser gesagt: ... montieren lassen zu haben.! :-) Nun steht dem Einzug des Winters also nichts mehr im Wege. Ich weiß genau. dass der Winter mit seinem Kommen, Schneefall, Frost und all diese Sperenzien, extra auf mich gewartet hat, bis ich so weit gerüstet bin. Das finde ich sehr aufmerksam von ihm.
Überhaupt ist der Winter gar nicht so gefühlskalt, wie angenommen. Vielleicht sollten wir mal unsere Vorurteile dem Winter gegenüber aufgeben. Er kann nämlich auch sehr mild sein, wenn er will.
Klar, kann er sich auch knackig kalt geben, je nach Laune. In seiner Gegenwart kann einem schon mal der Atem in der Luftröhre gefrieren. Der Winter ist eben immer für Überraschungen gut.
Ach ja, Sie kennen wahrscheinlich nur den Herrn Winter. Neulich ist mir die Frau Winter begegnet. Ehrlich gesagt, kannte ich sie vorher noch gar nicht und sagte gleich zu ihr: "Ich dachte immer, der Winter ist männlich?" worauf Frau Winter antwortete: "Ja nun, im Zuge der Gleichberechtigung wurde es ja langsam Zeit, dass der weibliche Aspekt des Winters mal zum Vorschein kommt!"
Ich lächelte und sie lächelte zurück und zeigte ihre warmherzige, feminine Seite. Und während wir uns weiter unterhielten, kam uns Herr Winter entgegen. Als er Frau Winter sah, schaute er ganz verlegen.
"Kennen Sie sich?" fragte ich Herrn Winter. "Nein, noch nie gesehen!" antworteten beide etwas verwirrt. Herr Winter ließ sich aber gerne auf ein Gespräch mit Frau Winter ein. Und während sie sich lebhaft unterhielten, lachte Frau Winter und war augenscheinlich sehr erfreut über das Zusammentreffen.
Und Herr Winter taute in ihrer Gegenwart allmählich auf und er lachte ebenfalls. Das war für einen Herrn Winter sehr ungewöhnlich. weil er sich lieber kalt und unberechenbar gab.
Ich verabschiedete mich höflich und sah, während ich mich zwischendurch umdrehte, dass die Beiden Arm in Arm ihres Weges gingen und sich nicht mehr aus den Augen ließen ...
Ich wünsche Ihnen eine milde Woche -
Ihre Gudrun Kropp